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Gedichte

Sonntagsfrühe

Hebel, Johann Peter
Der Samstig het zuem Sunntig gseit:
“Jetz hani alli schlofe gleit;
sie sin vom Schaffe her und hi
gar sölli müed und schlöfrig gsi,
und ’s gohtmer schier gar selber so,
i cha fast uf ke Bei me stoh.”

So seit er, und wo’s Zwölfi schlacht,
se sinkt er aben in d’ Mitternacht.
Der Sunntig seit: “Jetz isch's an mir!”
Gar still und heimli bschließt er d' Tür.
Er düselet hinter de Sterne no,
und cha schier gar nit obsi cho.

Doch endli ribt er d’ Augen us,
er chunnt der Sunn an Tür und Hus;
sie schloft im stille Chämmerli;
er pöpperlet am Lädemli;
er rüeft der Sunne: “D' Zit isch do!”
Sie seit: “I chumm enanderno.”

Und lisli uf de Zeche goht,
und heiter uf de Berge stoht
der Sunntig, und ’s schloft alles no;
es sieht und hört en niemes goh;
er chunnt ins Dorf mit stillem Tritt,
und winkt im Guhl: “Verrot mi nit!”

Und wemmen endli au verwacht,
und gschlofe het die ganzi Nacht,
se stoht er do im Sunneschi,
und luegt eim zu de Fenstren i
mit sinen Auge mild und guet,
und mittem Meien uffem Huet.

Drum meint er’s treu, und was i sag,
es freut en, wemme schlofe mag,
und meint, es seig no dunkel Nacht,
wenn d' Sunn am heitre Himmel lacht.
Drum isch er au so lisli cho,
drum stoht er au so liebli do.

Wie glitzeret uf Gras und Laub
vom Morgetau der Silberstaub!
Wie weiht e frische Maieluft,
voll Chriesibluest und Schlecheduft!
Und d'Immli sammle flink und frisch,
sie wüsse nit, aß ’s Sunntig isch.

Wie pranget nit im Garteland
der Chriesibaum im Maiegwand,
Gelveieli und Tulipa,
und Sterneblueme nebe dra,
und gfüllti Zinkli blau und wiiß,
me meint, me lueg ins Paradies!

Und ’s isch so still und heimli do,
men isch so rüeihig und so froh!
Me hört im Dorf  kei “Hüst” und “Hott”;
e “Guete Tag”, und “Dank der Gott”,
und “’s git gottlob e schöne Tag”,
isch alles, was me höre mag.

Und ’s Vögeli seit: “Frili jo!
Potz tausig, jo, do isch er scho!
Er dringt jo in sim Himmelsglast
dur Bluest und Laub in Hurst und Nast!”
Und ’s Distelzwigli vorne dra
het ’s Sunntigröckli au scho a.
 
Sie lüte weger ’s Zeiche scho,
der Pfarer, schint's, well zitli cho.
Gang, brechmer eis Aurikli ab,
verwüschet mer der Staub nit drab,
und Chüngeli, leg di weidli a,
de muesch derno ne Meie ha!

Mai 2002


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