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Gedichte

Verirrt

Grüninger, Hans Martin
De Schnee lit über d’Stunden us
Mer gsieht kein Weg; mer gsieht kei Hus.
Die Flocke fallet schochewis;
Am Schuehwerk ballet sich das Is.

Im Fohreschlag en wilde Schrei!
De Wandrer hastet schnell vorbei.
De Hunger macht jo d’Füchs zu Wölf;
Wer sich verirret, dem Gott helf!

Er hät mengmol verzelle ghört,
Wie der un dieser isch verfrört.
D’Füchs händ nu Chnochen überglu;
Im Summer erscht isch’s use chu.

So fallt em menges Gschichtli i;
Wo d’Muetter ihm beim Ampleschi
Verzellt hät, eh mer goht i’s Bett
Und hät no mit dem Büeli bet’.

Sie hät em nit nu’s Bete glehrt;
Sie hät en gwise, hät em gwehrt;
Hät jede Chrüzer springe lu,
Daß ihrem Chind mög besser gu.

Wa isch sin Dank gsi? furt i d’Welt!
Des Werche gfallt em nit im Feld.
’s Dorfleben isch em z’wenig gsi;
Mer hät kei Lustbarkeit derbi.

Drum uf un furt und ie i d’Stadt,
Und wenn eim ’s Lebe dört nit batt’,
No schüttlet mer de Staub vom Schueh
Und wandelt andre Städte zue.

Doch d’Zit vergoht und d’Chraft lot no;
Uf eimol stoht de Winter do.
Mer hät kei Arbet; ’s heißt nu: „Geh!“
Im Würtshus kennt eim niemert meh.

Des alles goht dem arme Tropf,
Dem Wandrer jetzet dur de Chopf.
Und wenn si Muetter gstorbe wär?
Wo will er hi? Wa isch no er!

Er weiß nit, wie ’s ums Herz ihm wird,
Jo, Jo, er gsieht’s; er isch verirrt.
De Schnee tuet sinen Auge weh;
Git’s denn kein Weg, kei Rettig meh?

Jetz fallt em ’s Vaterunser i;
Er betet’s lisli vor sich hi,
Und ’s Wasser ihm i d’Auge chunnt,
Und ’s chehrt en um vu Herzensgrund.
Uf eimol ischt er wieder z’weg
Und kennt de Weg und findt de Steg.
Er isch daheim! furt Angst und leid!
Und d’Muetter briegget voller Freud.

Januar 2004

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